Mondwiege

Wie in ein weißes Marmorbecken aus einem Brunnen Wasser tropft, fiel Stunde um Stunde in deine Zeit, in deine Seele. Klar und silberhell spiegelten sich die Tage, dunkel und geheimnisvoll wiegte sich darin der Mond bei Nacht und die Sterne sanken bis auf den Grund.
Lerche und Nachtigall ließen sich bei dir nieder, schon wehte der Wind dir das Brautkleid aus weißen Lilien und Maiglöckchen herüber.
Ein leises Zittern, ein sanftes Beben kräuselte die Wasserfläche und Lichtelfen funkelten auf und nieder. Dein Lachen klang bis ans Ende der Welt und das Strahlen deiner Augen erhellte selbst die dunkelsten Winkel.
Die Luft summte warm und war erfüllt von Ewigkeit. Glück legte sich über dich.

Doch dann. Ein kurzer Augenblick nur. Ein Schlag. Ein Blitz. Ein Riss. Ein Sturz.

Das Becken zerbrochen, vertrocknet, leer, Lilien und Maiglöckchen zu Staub zerfallen, der Wind weitergezogen. Jedoch der Mond sucht immer noch nach seiner silbernen Wiege, Nacht für Nacht.