Im Garten

Ich sinke in die Dämmerung vor dem Erwachen. Konturen zeichnen sich ab, Licht kriecht vorsichtig aus Mulden und Spalten. Mein Garten mit seinen Wellen und Rundungen, seinem Auf und Ab, seinen Wegen und verwilderten Pfaden, seinen verwachsenen Ecken entfaltet sich vor meinen Augen. Allmählich wächst die Helligkeit. Bäume haben das Sagen, gewähren den Rosensträuchern Blüten nur auf sonnigen Plätzen. Ein Ringen um Licht und Luft immerzu. In ihrem Schatten breiten sich Farne und Funkien aus, fallen sich Efeu und Immergrün in die Arme. Albertine aber, die rosa Schönheit, hat ihre Liebe im Kirschbaum gefunden. Vor Jahren als zärtliche Liebelei begonnen, mit ersten sanften Berührungen, liegt sie heute mit all ihrer Pracht in seiner Krone. Ein Verschmelzen, ein gemeinsames Atmen im Duft ihrer Blüten. Ich jedoch bin der Schatten meines Atems und sitze auf der Bank unter dem Nussbaum, am oberen Gartenrand, am Zaun, dort, wo die Katze Laura ihr Grab hat und schaue weit in die Landschaft, hinunter ins Tal und weiß, dass mir der Garten nur geliehen ist.